Mit der Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Lampen wird es möglich!
Zu viel künstliches Licht zählt das Bundes-Immissionsschutzgesetz zu den schädlichen Umwelteinwirkungen für Menschen, Flora und Fauna. Die innere Uhr gerät aus dem Takt. Durch den geplant verantwortungsvollen Einsatz effizienter LED-Technik können städtische Lichtkonzepte Abhilfe schaffen.
Unser Ziel ist es u.a. die Straßenverkehrssicherheit in der Nacht bei ausreichender Sicht dadurch zu gewährleisten, dass zukünftig blendendes Straßenlicht entfällt. Damit werden gleichzeitig die Vorteile für den Biorhythmus des Menschen und die Anforderungen der Biodiversität für den Insektenschutz erfüllt.
Nachfolgend wie im ASPU vereinbart unsere Fragen mit der Bitte um ausführliche Beantwortung.
Technische Fragen:
1. Welche Farbtemperatur (Kelvin) soll zukünftig in der Straßenbeleuchtung mit LEDs eingesetzt werden?
Wir empfehlen eine Farbtemperatur von 2.200 Kelvin. Mit der warmweißen Lichtfarbe wird dem Tag-Nacht-Rhythmus von Menschen, Tieren und Pflanzen am ehesten entsprochen.
Begründung: Hochintensive LED-Straßenlaternen geben eine große Menge blaues Licht ab. Der Vorteil der guten und günstigen Ausleuchtung scheint alle Nachteile aufzuwiegen. Doch hochintensive LEDs erhöhen die Gefahr der Blendung, die es den Fahrern tatsächlich erschwert, nachts zu sehen. Die Wellenlängen der üblichen LEDs unterdrücken Melatonin, unser Schlafhormon. Es wird geschätzt, dass weiße LED-Lampen den Schlafrhythmus um ein Vielfaches stärker beeinflussen als herkömmliche Straßenlaternen.
Je wärmer die Lichtfarbe der Straßenbeleuchtung ist, desto weniger wird das Licht für Insekten als anlockend wahrgenommen, desto weniger Insekten sterben an Leuchten.
Das Insektensterben zu verhindern hat auch einen wirtschaftlichen Hintergrund. Den Nutzwert aller Bestäuberinsekten in Deutschland beziffert der BUND mit ca. 4 Milliarden Euro. Zudem bilden Insekten die Nahrungsgrundlage für Vögel, Fledermäuse und Kleintiere, die in der Nahrungskette ganz unten eine unschätzbar wichtige Rolle spielen.
2. Auf welchen Straßen ist welche Klassifizierung nach DIN EN 13201 einschließlich der Angabe in Lux zukünftig vorgesehen (Wohnstraßen / Hauptverkehrsstraßen)? Wie stark kann die Beleuchtung nachts gedimmt werden, so dass Anwohnende und Natur möglichst wenig gestört werden und Verkehrsteilnehmende ausreichend sehen können?
Verkehrswichtige Hauptverkehrsstraßen müssen anders ausgeleuchtet werden als Wohnstraßen.
Unsere Empfehlung ist, für Wohngebiete eine durchschnittliche Helligkeit von 1-3 Lux vorzusehen.
Dies gewährleistet nach allgemeiner Erfahrung auch die Verkehrssicherheit und entspricht der DIN-Beleuchtungsklasse P6. Für Fußgänger z. B. ist die sichere Erkennung von Hindernissen schon bei einem Lux möglich (siehe DIN EN 1838). Eine klare Vollmondnacht z.B. hat nur 1/3 dieser Helligkeit und wird als hell empfunden.
Begründung: Das menschliche Auge ist in der Lage, sich an die Helligkeit bzw. Dunkelheit anzupassen, so dass eine angemessene der Verkehrssituation entsprechende Beleuchtung sinnvoll ist.
3. Ist es vorgesehen, die Lichtkegel so auszurichten, dass sie nur die Verkehrsflächen beleuchten, so dass Wohngebäude und Vegetation ausgespart werden?
Begründung: Um das von den Leuchtmitteln generierte Licht möglichst effizient und normgerecht an den benötigten Stellen einsetzen zu können, ist eine dementsprechend exakte Ausrichtung nötig.
4. Ist es geplant, bei neuen Erschließungen sowie bei Straßenerneuerungen im Zuge der Beleuchtungsbemessung die Lichtpunkthöhe der Straßenbeleuchtung auf eine geringere Höhe festzulegen, um die Beleuchtungsleistung bei gleicher Helligkeit zu optimieren?
Empfehlung: Es ist sinnvoll, eine möglichst geringe Lichtpunkthöhe zu wählen, um auch den erforderlichen Energieaufwand so gering wie möglich zu halten. In vielen Fällen ist eine Lichtpunkthöhe von 4,0 m ausreichend.
Rechtliche/Stadtgesellschaftliche Fragen:
5. Welche rechtlichen/juristischen und gesellschaftlichen Möglichkeiten sieht die Verwaltung, um die nächtliche Beleuchtung (privat & gewerblich) in der Stadt auf ein unschädliches Maß für Mensch und Umwelt zu reduzieren?
Empfehlung: Das könnte z.B. durch Erstellen einer Beleuchtungs- oder Lichtsatzung, den Austausch mit den Wirtschaftstreibenden im Stadtgebiet, die z.B. nachts außerhalb ihrer Betriebszeiten nicht notwendige Beleuchtungen abschalten könnten, erfolgen.
Begründung: Ein Großteil der städtischen Beleuchtung entfällt nicht auf die Straßenbeleuchtung, daher sollte auch die Art, Intensität und Menge der gewerblichen und privaten Beleuchtung in den Fokus der Aufmerksamkeit genommen werden. So kann das Bewusstsein für eine nachhaltige Beleuchtung gefördert werden und eine innerstädtische Diskussion über unseren Umgang mit Licht und seinen Emissionen anstoßen.
Literaturhinweise und Linkliste:
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit: Eckpunktepapier zum Aktionsprogramm Insektenschutz ,2018
Schröter-Schlaack, C.; Revermann, C.,Schulte-Römer, N.: Lichtverschmutzung – Ausmaß, gesellschaftliche und ökologische Auswirkungen sowie Handlungsansätze, Büro für Technikfolgen- Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) ,2020
Deutscher Städte- und Gemeindetag (DStGB): Kommunale Außenbeleuchtung – Draußen wird es digital - wirtschaftliche, technische und rechtliche Rahmenbedingungen einer zukunftsfähigen kommunalen Außenbeleuchtung (Veröffentlichung No. 160), Berlin 2021
Sibylle Schroer, Benedikt Huggins, Marita Böttcher und Franz Hölker:
Leitfaden zur Neugestaltung und Umrüstung von Außenbeleuchtungsanlagen - Anforderungen an eine nachhaltige Außenbeleuchtung, Hrsg: Bundesamt für Naturschutz (BfN-Skripten 543), Berlin 2019
Weiterführende Informationen / Hilfreiche Links
https://www.sternenpark-schwaebische-alb.de/lichtverschmutzung.html
https://www.paten-der-nacht.de
https://www.kircheundklima.de/wp-content/uploads/2021/08/Gebaeudebeleuchtung_2021.pdf